Eine reichhaltige Herbstplatte

Eine reichhaltige Herbstplatte

News vom 10. Oktober 2017

Liebe Musikinteressierte
Auf die stündige Sendung "Musik für einen Gast" sind bisher zahlreiche Feedbacks eingetroffen, und ich danke Euch für den Respons. Mitgebrachte Musik: Ton Steine Scherben, Lhasa de Sela, Vinicio Capossela, Comebuckley, Fred Frith, John Cale und als "Hidden Track" Hermine. Der Moderator Röbi Koller hat sich gut vorbereitet und sehr interessante Fragen gestellt. Selbst wer die Geschichte von Rec Rec Zürich kennt, erfährt noch Details dazu. Die Sendung kann hier nachgehört werden.

Bevor es am 16. Oktober für zwei Wochen in die Herbstpause geht - der Laden bleibt 14 Tage geschlossen - hier noch ein paar spannende Reviews, eine Auswahl von weiteren Titeln an Lager sowie abschliessend noch einen Filmtipp. Bestellungen nehme ich gerne bis Samstag, 14. Oktober entgegen.

In den Ferien besuche ich u.a. einen Auftakt-Workshop zu einem umfassenden Ausstellungsprojekt Marcel Duchamp in der Staatsgalerie in Stuttgart. Erstmals zeigt die Staatsgalerie ihren umfangreichen Marcel Duchamp-Bestand und das zugehörige Archiv Serge Stauffer. Darauf freue ich mich!

Beste Grüsse & Gute Zeit, Veit

Melanie de Biasio
Drittes Album der belgischen Sängerin / Performerin MELANIE DE BIASIO (*1978) auf dem PIAS-Label. Schwebende, traumverlorene Klänge mit Tiefgang, ohne jemals überladen zu wirken. Anklänge an Annette Peacock oder auch Lhasa de Sela (in "Brother"). Faszinierende Coverversion des Klassikers "Afro Blue" von Mongo Santamaria (Ursprünglich ein Instrumental, erstmals mit den Lyrics von Oscar Brown Jr. vertont 1959 von Abbey Lincoln). "Lilies" enthält sehr eindrückliche und schöne Musik.

Courtney Barnett & Kurt Vile
Von beiden hatten wir bereits Alben im Sortiment. Dieses Werk scheint besonders gelungen. Schaut Euch mal dieses Video an: Die Frau singt mit Männerstimme, und Vice Versa. Sehr witzig ! Gespannt auf das ganze Album, welches diesen Freitag eintrifft.

Ghost Town
Gitarrist Urs Vögeli spielt seit Jahren eine spannende und vielseitige Jazzmusik, an der Schnittstelle zur Fusion, mit Einflüssen der amerikanischen Folk- und Roots-Music. Mögliches Vorbild: Bill Frisell, der im Jahre 2000 ein Album auf Nonesuch mit "Ghost Town" betitelte. Aktuell hat Vögeli mit GHOST TOWN eine versierte 4-köpfige Band versammelt und geht auf Tour. Feat. Joanna Aderi - vocals, electronics, keys. Claude Meier - bass. Lukas Mantel - Drums. Urs Vögeli - guitars. Hier das aktuelle Album mit dem schönen Titel "No Depression In Heaven".

Haco
Faszinierendes Spätwerk von Sängerin HACO, in der obersten Reifeklasse im Bereich Ambient und subtilem Drone, mit Field-Recordings angereichert. Wenige Produktionen seit ihrem Start mit AFTER DINNER in Japan 1982, aber immer mit Niveau - Direktimport Australien. Wird momentan kaum bei anderen Online-Shops angeboten.

Joe Henry
Neustes Opus "Thrum" von Singer/Songwriter JOE HENRY. Die charismatische Stimme, die sorgfältige Instrumentierung sowie seine vielfältigen Erfahrungen als Produzent (Solomon Burke, Ani Difranco, Mary Gauthier, Elvis Costello) machen ihn zu einem Ausnahmesänger, u.a. sehr geschätzt von Andi Czech of Comebuckley. (Vö: 27. Okt 2017)

Min King
Die Schweizer Mundartband MIN KING aus Schaffhausen hatte 2012 mit ihrem Debüt "Am Bluemeweg" Aufsehen erregt. Reggae-Ska meets Soul und Funk. Nun ist der Zweitling da, und es groovt sehr rund und schön. Diese 7-köpfige Band mit Tasten und Bläsern, irgendwo zwischen Phenomden und Aeronauten, geht momentan auf Tour.


Filmtipp

Absolut sehenswerter Film Conny Plank (Trailer) von RETO CADUFF (*1967, Produzent von Touch El Arab, 1988 u.a.), mit viel Schwung und Eleganz.
Eine Spurensuche über den stilbildenden Produzenten und Toningenieur CONNY PLANK (1940-87), basierend auf gemeinsamen Recherchen mit STEPHAN PLANK, dem heute 42-jährigen Sohn von Conny und Christa. Der zum Studio umgebaute Bauernhof auf dem Land, in Wolperath bei Köln war legendär: dort hat Stephan als kleiner Junge all diese Musiker/innen kennengelernt. Es begann mit Kraftwerk, Harmonia und Neu, für diese Szene spricht Michael Rother. Die Scorpions nahmen mit Plank in Hamburg ihr Debüt auf, und geben darüber Auskunft. Eno fand keine Zeit in seiner Terminplanung, Ralf Hütter von Kraftwerk hingegen hat ganz abgesagt.
Dafür treffen wir auf Roedelius, der mit Moebius und Eno ab 1977 bei Plank aufgenommen hat. Dazwischen sehen wir immer wieder zahlreiche authentische Filmdokumente aus der Zeit, oft Super-8 oder Video, die ein angenehm spannendes Kolorit der 70er und 80er zeichnen. Dann gelingt Plank musikalisch auch mühelos der Sprung in die 80er Jahre. Das erste Album von Daf, Robert Görl gibt Auskunft, dazu kommt Mute-Produzent Daniel Miller aus London mit köstlichen Anekdoten. Es geht weiter mit Karl Hyde (Underworld), Jaz Coleman (Killing Joke), David Stewart (Eurhymics) bis hin zu Devo und Ultravox.
Eine unglaublich reichhaltige Palette, deshalb bleibt Plank bis zum Schluss des Filmes interessant. Conny Plank betrieb Raubbau mit seinen Kräften, ein klassischer Workaholic, und starb bereits mit 47 Jahren (wie übrigens auch Charles Baudelaire, Rio Reiser und Oscar Wilde). Dann treffen wir auf Holger Czukay (Can), Gianna Nannini, Carmen Knoebel und Annette Humpe. Später dann auch Ideal und Rita Mitsouko, oder das Rap-Duo Whodini. Sehr schön eingefangen mit der Kamera, die Reise nach Los Angeles! - Und als wir uns fragen: über Christa Plank (1942-2006) erfahren wir nichts? - fokusiert sich der Film umgehend auf diese zwischenmenschliche Ebene.
Ein gelungener Film, nicht nur für Musikfreaks, die zahlreiche Querverbindungen aufgedeckt bekommen. Anregend, inspirierend - und überdies ein ästhetischer Hochgenuss.

Veit F. Stauffer, Oktober 2017