Interview mit Pilgrim
Special Review vom 22. Oktober 2022
Interview mit Volker Elis Pilgrim.
Zusammengestellt im Herbst 2022, mit Fragen von Veit Stauffer nachträglich eingeschoben, basierend auf unserem Briefwechsel 2018 – 2022.
Was war der Grund Deines Wegzugs aus Deutschland?
Ganz freiwillig war das nicht. Aber das Leben zwang mich mehr oder weniger dazu, indem alle an die 100 Versuche, wieder mit Verlagen zusammenzuarbeiten, gescheitert sind.
Mein gänzlicher Weggang geschah erst 1999. Heute weiss ich, ich musste die Tatsachen meines sexuellen Missbrauchtwordenseins durch beide Namensgeber bearbeiten. Rausgekommen war das schon 1991. Hatte aber keine Wirkung auf mich. Ein Traum hatte die Urszenen hochgebracht.
Welchen Hindernissen warst Du ausgeliefert, die Hitler-Studie zu publizieren?
Alter über 70 und 20 Jahre weg vom Fenster! "Sind wa' nich interessiert!" Ich habe die gesamte alternative Hitler-Forschung drauf und daher mitbekommen: Nur so was sagen und schreiben, nützt im Falle Hitlers null. Es wird einfach vom Tisch gefegt und mit altem Glauben weitergemacht. Die Neuheiten, die ich am laufenden Band entdecke, kann ich nicht anders als sie bis zur Schmerzgrenze dem Zeitalter einzubläuen. Ich brauche Dir als Holocaust Spezialist nicht zu erläutern, warum es wichtig ist, über Adolf Hitler, den Auslöser dieser grössten Verirrung der Menschheit völlige Klarheit zu bekommen. Ob ich sie erreiche, ist eine andere Frage, aber bestimmt nicht durch adrette und angenehme Kurzform.
Verpasst Du mit dem Umfang von vier Bänden nicht das Zielpublikum?
Sehr interessant Dein Vorschlag, ob ich nicht 250 Seiten Kurzfassung machen könnte. So etwas hatte ich nach Abschluss meines Serienkiller-Manuskripts ja vor und wurde überschwemmt von den Ungeheuerlichkeiten des Nichtwissens zu den 5 Wochen in Hitlers Leben Oktober/November 1918, die ihn von Hitler 1 zu Hitler 2 umstrukturiert haben. Es ist möglich, dass ich solch eine Kurzfassung nach Abschluss vom vierten Buch machen werde. (…) Zu Deiner Position der Kritik meines Buches fand ich es sehr wichtig, dass Du ein Holocaust-Forscher-Profi bist. Letztlich schreibe ich aus dieser Perspektive. Ich möchte den Ur-Verursacher des entsetzlichsten Geschehens der Menschheit so entzaubern, dass wir uns mit ihm gar nicht mehr zu beschäftigen brauchen und endlich der Neugestaltung der Gesellschaft zuwenden können.
Der Name Hitler erscheint auf jedem Band doppelt. Total achtmal. Seit dem norwegischen Massenmörder Breivik wird breit diskutiert, besser die Namen der Opfer im Gedächtnis zu behalten, statt immer wieder die Täter?
Ich konnte auf diesen Titel nicht verzichten, weil ich damit ja etwas durchsetzen möchte. So langweilig er im Moment erscheint, so wird das nicht bleiben, wenn sich die zwei Hitlers durchgesetzt haben. (…) Ich bin doch Egologe und führe einen Kampf gegen die Gehirn-Mythologen, die behaupten: Nur Gehirn! Das ganze Hitler-Projekt ist ein Sturmlauf gegen sie. Denn Hitler 1 hat das selbe Gehirn gehabt wie Hitler 2, aber ein ganz anderes Ich, das vom Ich des Hitler 1 so weit entfernt war wie Nordpol vom Südpol.
Dasselbe Autorenfoto wurde für alle vier Bände verwendet. Das schalkhafte Foto wirkt familiär für alle Menschen, die Dich bereits kennen, ist aber für das seriöse Thema vielleicht leicht deplatziert?
Bild – furchtbar. Ich war gerade erst aus Neuseeland zurück, hatte weder Ruhe, noch Beziehungen, um ordentliche Fotos machen zu lassen
Wie geht es Dir in Neuseeland eigentlich gesundheitlich?
Ich bin so gut wie überhaupt nicht krank! Und meine Anstrengungen mit den Langstrecken-Flügen sind gewaltig. Kommt dazu, der Seiltanz über den Mini-Geldern, der Unverschämtheit, von den deutschsprachigen Gesellschaften nicht wieder "rein"gelassen zu werden. Mein andauernd schwerstes Koffertragen, mein Herumwohnenmüssen. Mein jetziges Zimmer ist wegen Ersparungszwang nicht heizbar. Und hier ist Winter! Warum nicht krank? Depressiv auch nicht. Ich nehme nie Pillen, weder für Schlaf noch gegen Depressionen.
Pilgrim's battered suitcase
Wie ist Deine allgemeine Gemütsverfassung?
Schon mehrmals stand ich – vor allem beim vergeblichen Lieben – vor dem "Fenstersturz". Wird nicht gemacht. Statt dessen Insel, wozu ich jetzt als australisch-neuseeländischer Rentenempfänger sogar berechtigt wäre, dorthin mein monatliches Geld geschickt werden würde, soweit die jeweilige Insel zu Neuseeland gehört. – Ist dieser Plan nicht klug?! Landen auf polynesischer Insel anstatt zerschellt auf Boden des nordkugeligen Neinsager-Gebietes nach "Fenstersturz". Jedenfalls habe ich die Bemühungen von Osburg abgelehnt, mich unter Harz-IV-Bedingungen ganz nach Deutschland zurückzuholen.
Warum hast Du zwischen „Du darfst mich ruhig Frau Hitler nennen“ (1994) und „Die Königsfälschung“ (2009) keine weiteren Bücher publiziert?
Ein Verleger hatte meine Autobiografie 2002 bestellt und nicht genommen, weil ich damals noch nicht wieder in den Volker Elis Pilgrim zurückkehren wollte. Die ersten beiden Bände sind schon digitalisiert. Ich machte etwas, das ich noch nie gemacht hatte: Ich schrieb alles zweimal – eine Lang- und eine Kurzfassung, was ein dreifaches Leben ermöglicht: nur die Lang-, nur die Kurzfassung und zwischen beiden springen, je nachdem, was Lesende interessiert. (…) Ich wollte Dir nur sagen, dass ich wie ein Adler auf Wirkung achte. Bei Hitler ging es nicht kurz, wie ich es mit dem 200 bis 300 Seiten Thesen-Buch vorhatte. Ich habe nun mal den Kampf mit der Hitler-Biografik aufgenommen. Auch den fand der Verleger erst daneben. Er wollte ein Buch über Hitler haben und nicht eines über die Hitler-Biografien. Bis er merkte, darin liegt gerade der Gewinn: Über die Entlarvung einer Wissenschaft wird ihr Gegenstand gespiegelt.
Wie erlebst Du in Neuseeland das Älterwerden? Ich wurde im Januar 2019 sechzig, und beschloss bereits mit 62 in Pension zu gehen.
Nun gratuliere ich Dir nachträglich zu Deiner ersten "Alters"-Rundung. Mach Dir nichts draus. Tue so, als seist Du 40 geworden. So ist das heute nämlich. Und sehr gut Deine Idee, Deinen Shop zu verkaufen! Aber aufpassen! Denn Job zieht auch an und hoch = verjüngt. Deswegen hat jemand mal über mich als Schriftsteller gesagt: "Die arbeiten nie oder immer." Du musst unbedingt eine Sach-Identität behalten – bis zum letzten Atemzug. Mit Zur-Ruhe-Setzen würde ich nie was machen. Leben ist nämlich Bewegung. Unendlich viele Menschen "deteriorieren" nach der Rente. Schönes Wort, das ich aus dem Englischen verdeutschte. Bei mir waren die Alters-Einschnitte nie bedrohlich, 60, 70 - so what?! So handhabe ich es auch mit meinen bald 80. Ich will auf keinen Fall irgendwelche "Würdigungen". Da ich vor mehr als 20 Jahren aus der deutschen Öffentlichkeit ausschied, weiss man meine runden Geburtstage nicht.
Der Zürcher Musiker Kuno Spaeti (Blue China) hat mir einmal von seiner Begegnung mit Walter Mehring im Frühling 1981 erzählt, der in seinem Buch „Die verlorene Bibliothek“ (1952) den Hypnotiseur Forster beschrieb, den Du in Band 3 „Führers Militärgeheimnisse“ (grün) auf Seite 441 ff. behandelt hast.
Ich fand schrillstens interessant, worüber Du mir schriebst, dass Du einen Freund hast, der Walter Mehring zu Tod pflegte. Es wäre von Bedeutung gewesen zu erfahren, ob der alte Mehring Deinem Freund etwas über sein Wissen von der Beziehung Hitler zu Psychiater Edmund Forster (1878-1933) erzählt hat. Wahrscheinlich nicht, denn Mehring hat in seinen Memoiren ja geflunkert. Und ob er das korrigiert hätte?! Für eine Aufnahme von Neuigkeiten in das vierte Buch wäre es sowieso zu spät gewesen, da Verleger, Lektor, Herstellerin und ich rund um die Uhr mit Millionen von Kleinkram beschäftigt waren.
Ich hatte bisher nie das Bedürfnis empfunden, „Mein Kampf“ zu lesen.
Vor Mein Kampf solltest Du Hitlers erste Autobiografie lesen, die damals eingestampft wurde, so dass es kaum Exemplare gibt. Darüber im dritten Buch viel geschrieben. Schau unter dem Namen "Thomas Weber", denn der hat da die wichtige Entdeckung gelandet, dass der Herausgeber Adolf Viktor von Körber nur ein Feigenblatt war, sehr spannend. Du wirst in Bibliotheken sicher ein Exemplar finden. Lies es als wirklich von Hitler gemacht und dann nur in die dritte Person gesetzt. Es heisst: Adolf Viktor von Körber: Adolf Hitler, sein Leben und seine Reden, erschien Oktober 1923, einen Monat vor seinem Münchner Putschversuch. Und danach ist Mein Kampf natürlich unumgänglich, wenn Du über Hitler arbeiten möchtest.
Du hast im Juni 2019 den vierten Band vom Verlag nach Neuseeland geschickt bekommen. Wie war Deine Stimmung nach Abschluss des Zyklus?
Seltsamer Weise wirkt es klein und leicht, obwohl es nur 100 bis 200 Seiten weniger hat als die drei Vorläufer. Offenbar sind 700 Seiten noch etwas Verkraftbares, ab 800 aufwärts dann nicht mehr. Ich muss nun sehen, wie ich wieder ein normaler Schriftsteller werde. Denn mit dieser Hitler-Serie war ich ein zehn Jahre tätiger Geschichts-Prozessführer. Daher kann ich am ersten Tag meines wirklichen Verschnaufens noch nicht sagen, wie und wo meine Zukunft stattfindet. (…) Ich konnte diese Gerichtsakte von 3400 Seiten nur verfassen, weil ich weder Beruf noch Partner, ja nicht einmal Freunde hatte. Es gab tags und nachts immer nur A. H.! Nie Telefon!
Sind weitere Aktivitäten in Deutschland geplant?
Ein Uni-Diplom-Psychologe will, dass ich auf dem nächsten oder übernächsten Psychiater-Kongress einen Vortrag halte, der mein viertes Buch rafft: Vorwurf an die Adresse der Psychiater, die sich eine dritte Schuld geleistet haben, nach Onanie-Wahn, der bis heute ungeklärte Folgen gehabt hat, weil er bewirkte, dass die Erziehungsberechtigten das Kinderzimmer observierten, woraus sich der Hang zu Folter und KZ entwickelte. Wenn Eltern dachten, "ich muss die Onanie meines Kindes verhindern, weil es sonst geisteskrank wird", hiess das ein tägliches Im-Bett-Sein beim eigenen Kind, wodurch gerade Tor und Tür dem sexuellen Missbrauch geöffnet wurden. Die dritte Schuld zwischen Onaniewahn und "Euthanasie" ist der "Kriegsneurotiker"-Wahn. – Ja, schön, Vortrag auf einer Tagung. Aber ich selbst kann mich schlecht dazu anbieten, müsste auch viel neu forschen, um besondere Literatur einzuarbeiten, wozu ich mich nicht gerade jetzt dränge, weil ich im Moment dabei bin, mein Basis-Buch zu dem Hitler-Ring druckreif zu machen, meine Beobachtungen eines werdenden Serienkillers, worin Hitler schon Gastauftritte hatte und woraus sich mein Zyklus über ihn entwickelte, weil es der Keim meiner Entdeckung des Serienkiller-Syndroms ist, der "Morbus Orgasmus“.
Kürzlich habe ich Dich auf die posive 5-Sterne Rezension von „Maverick“ auf Amazon aller vier Bände aufmerksam gemacht.
Der Rezensent bringt einfach einiges auf den Punkt, z. B. dass er findet, ich schriebe wie ein "lebenserfahrener Kriminalpolizist“! Eine ehemalige Historikerin äusserte sich ähnlich, die Bücher läsen sich für sie wie Krimis.
Auffallend ist, wie Du ganz unzimperlich mit der bisherigen Eva Braun- wie Hitler-Forschung umgehst und meist tadelnde, aber auch durchaus lobende Noten verteilst.
Wie Du weisst, habe ich Schulhistoriker ja eingestampft, dass sie nichts vom Leben wirklich wüssten. Ich habe fünf Studien absolviert:
1. Jura mit zwei Staatsexamen, der Referendarprüfung und der Promotion zum Dr. jur.
2. Soziologie bis zu einem Schein beim heute weltbekannten Jürgen Habermas in seinem Hauptseminar "Totale Institutionen“. Ich schrieb dort ein Referat über ein französisches Gefängnis für männliche Gewaltverbrecher auf Korsika ohne Mauern. Beginn meiner Männer-Forschung. Von meiner Arbeit war die Frankfurter Rundschau so angetan, dass sie eine Kurzfassung druckte – meine erste Publikation 1969/70.
Soziologie bis zu Adornos Angebot, eine Doktorarbeit bei ihm zu schreiben – über Melancholie bei Mozart und Chopin. Leider ist er gestorben, ehe wir die Arbeit beginnen konnten.
3. Psychoanalyse, die man universitär noch immer nicht studieren kann. Ich habe nicht nur eine 1-2jährige Lehr-Analyse absolviert, sondern sass acht Jahre lang, woraus sich aber klarerweise meine Fähigkeit herleitet, alles und jeden analysieren, ja therapieren zu können.
4. Musik bis zur Meisterklasse für Klavier am Konservatorium in Wiesbaden und der Fähigkeit, Noten wie ein Dirigent lesen zu können.
5. Film – Unterricht in Spielfilm und Dokumentation, Training auf der Münchner Filmhochschule in allen Spielfilm-Branchen und in den Schneideräumen von Dokumentaristen.
Ich pfeife auf die Examina. Juristen werden in Geschichte besser ausgebildet als Historiker. Ich habe einen grossen Schein in Völkerrechtsgeschichte absolviert, bin in deutscher und
römischer Rechtsgeschichte und der Geschichte des internationalen Privatrechts ausgebildet worden.
Pilgrim's German Democratic Republic passport from the 1960s.
Es gab bisher keine Rezensionen zur Fortsetzung der Hitler-Studie. Kürzlich entdeckte ich über 60 abwertende Kommentare unter dem Review (Armin Fuhrer) vom 1. Band im September 2017 bei Focus Online. Grundtenor: Autor Pilgrim ist unseriös und möchte mit dem Thema Sex bloss Geld machen. Groteske Fehldiagnosen aus der Ferne. Niemand hat das Buch gelesen.
Wir müssen das jetzt aushalten. Mich hat vor Jahrzehnten in Atem gehalten, was Enzensberger zu "Nieder mit Goethe!" zusammengetragen hat. Er sammelte sämtliche zeitgenössischen Kritiken zu Goethe. Es hagelte an Verrissen. Enzensberger hat das zu einem Theaterstück verdichtet. Das Publikum kugelte sich vor Wonne. Unvorstellbar heute, wie der erste Autor der deutschen Sprache damals von seinen Zeitgenossen so hat niedergemacht werden können. Mit Kleist sind sie ja noch schlimmer umgegangen: 100 Jahre aus allen Lexika ausgesperrt - praktisch bis zu den Wiederbelebungen durch Max Reinhardt 100 Jahre später.
Wer dieses Umgehen seiner Zeitgenossen mit Neuem nicht aushalten kann, wird nicht gross. Über Bach ist geschrieben worden, er sei "unnatürlich"! Das ist in etwa das Gleiche wie "unseriös".
Die selbe Lektorin, die mich mit "unseriös" abkanzelte, hat 1997 verhindert, dass ich ein Buch über homosexuellen Missbrauch im Hause Hofmannsthal publiziere. Ich hatte es ihr angeboten. Ihr Abschlag war: Nein, Missbrauch ist so ein Mode-Thema, das wolle sie nicht! – Das Gegenteil ist wahr. Über vor allem homosexuellen vorpubertären Missbrauch innerhalb der Familie besteht noch immer komplette Unkenntnis.
Aber – wie ich mein erstes Werk überschrieb – "Sie wolln auch kein Antwort hörn", was Dürer seinen Zeitgenossen vorhielt und was ich als Motto meiner Analyse seiner Homosexualität zu seinem 500. Geburtstag im Mai 1971 verwendete. Nach etwa 40 Jahren wurde Dürers Homosexualität offiziell vom Dürer-Haus in Nürnberg bestätigt. So kann es sein, dass meine vier Hitlers nach 50 Jahren offiziell von der Kultur als "seriös" bestätigt werden.
Wir befinden uns mitten in der Pandemie, Sommer 2021. Hast Du zu Deinen Studien weitere Erkenntnisse erhalten?
Ich glaube, wir befinden uns an einer Wegscheide. Ich habe ja innerhalb der Serie den Historikern mehrmals vorgeworfen, dass sie in ihrer Fakultät falsch unterrichten. Es geht nicht, dass sie von Jura, Medizin, Psychoanalyse, Militärgeschichte, Soziologie, ja, den einzelnen Sprachwissenschaften nichts verstehen. Ich fordere letztlich, dass die gesamte Geschichtswissenschaft ihre Lehrpläne ändert, wie es die Juristen bereits in meiner Jugend taten. Es muss auch in der Geschichtswissenschaft wie in den täglichen Prozessen der Juristen A n t w o r t e n geben. (…)
Aber in den Büchern Zwei, Drei und Vier bleiben keine Fragen zurück. Ich kriege ja immer wieder Rückmeldungen. Vor allem ist den Echt-Lesern meine Hebung des Kanzler-Machers Franz Gürtner, des zehn Jahre lang amtierenden bayrischen Justizministers, eine solche Neuheit, dass mich schon meine ersten Freunde, die während meiner Arbeit daran davon erfuhren, mich drängten, ein eigenes Buch über den "dritten Mann" der Hitler-Verursacher zu publizieren: Der 1. ist der Vater, der wissentlich mit seiner Nichte ersten Grades den Serienkiller-Sohn mit dem Orgasmus-Defekt erzeugte, diese Tat aber wieder gutgemacht hat, indem er Adolf die SK-Anlage zu verdrängen half. Der 2. ist der Pasewalker Militärpsychiater Edmund Forster, der die Zwangshypnose an Hitler vornahm, wobei die verdrängte SK-Anlage aufriss. Forster hat seine Tat mit nichts wieder gut gemacht. Der 3. ist Gürtner. Hitler hätte mit einem Staatsstreich vielleicht siegen können, nicht aber per demokratischer Prozeduren als gewählter und ernannter Reichskanzler, was allein Gürtner zu verdanken ist. Eine Schande, dass in dem neuen Zehnteiler des ZDFs über Hitler, Gürtner nicht vorkommt! Jetzt hätten alle Zeit gehabt, sich in die Dokumente zu vertiefen. – Forster kommt auch nicht vor. Und dann bleibt Hitler im Nebel!
Verleger Osburg hat Deine Studie an Ian Kershaw geschickt. Was ist dabei herausgekommen?
Im Laufe des Jahres 2017 hatte der Verleger an Kershaw geschrieben, um ihn für eine Besprechung des ersten Buches der Hitler-Serie zu gewinnen. Zu unser aller Überraschung antwortete Kershaw, er habe sich vor einiger Zeit von Hitler gänzlich getrennt. Kershaw hat in das erste Buch nicht einmal reingeschaut und selbstverständlich auch in die nächsten nicht. Der Mann ist genauso alt wie ich. Und trotzdem wollte er seine minimale Zukunft, die ihm noch beschieden ist, nicht mehr mit Hitler verbringen. Jetzt kann ich ihn verstehen. Hitler ist der entsetzlichste Mann aller Zeiten. Wir Nachgeborenen sind verpflichtet, uns mit ihm zu beschäftigen. Aber da er Destruktion total ist, geht das eben nicht "ewig", ja, es muss sogar ein deutlicher Schluss-Strich gerade von denjenigen gezogen werden, die sich ihm wie Kershaw exorbitant und langzeitlich gewidmet haben.
Hitler ist Hölle pur. Und irgendwann müssen wir aus der heraus.
Volker Pilgrim in Kassel 1993. Foto: Ulfa von den Steinen