Zum Schluss noch zwei Nachrufe....

Zum Schluss noch zwei Nachrufe....

Special Review vom 6. Februar 2007

Dank Jürg Woodtli (1947-07) sah ich 1983 zum ersten mal die LUFTHUNDE, die späteren Clowns des ZIRKUS FEDERLOS, und zwar im HOUDINI an der Walchestrasse. Im Houdini hatte sich die kulturelle Abteilung der Zürcher Jugenbewegung eingefunden, um gemeinsam Konzerte, Theater, Filme & Performances zu organisieren. In den zahlreichen Nachrufen auf Jürg wurde hervorgehoben, dass ihm das MINIMAL Festival vom Frühling 1985 am meisten Spass bereitete. Jürg hatte damals dem Rec Rec Shop für einen Abend eine grosszügige "Carte Blanche" zugesteckt. Als Bewunderer der von BRIAN ENO produzierten britischen OBSCURE Records-Serie schwärmte ich von GAVIN BRYARS, MICHAEL NYMAN und JAN STEELE - und staunte nicht schlecht, als diese drei Musiker mit ihren Ensembles in der Roten Fabrik einen ganzen Abend bestreiten durften. Unvergessen ist auch die 24-stündige Aufführung von ERIK SATIE's Klavierstück "Vexations", am einzigen Ort, der damals in Zürich 24 Stunden öffentlich zugänglich war: die Bellevue Apotheke unter der Führung von Silvia Briggen! Die zweite Anekdote betrifft das Fest nach der Strauhof-Ausstellung "Frauen sehen Frauen" im Januar 1975, u.a. mit Bice Curiger, Katrin Trümpy, Doris Stauffer, Margareta Peters - als knapp 16 jähriger Knirps gab mir Jürg Woodtli den Auftrag, ein paar Schreibproben für das Magazin POP abzuliefern, wo er zu dieser Zeit arbeitete. Als gewissenhafter Mensch war es Jürg später nie Recht, wenn ich ihn an diese Episode erinnerte. Da ich vier Monate brauchte, um ein paar ungelenke Schüleraufsätze zum leidenschaftlichen Thema "Musik" abzuliefern, hatte Mr. Woodtli in der Zwischenzeit dem Verleger Jürg Marquard bereits den Rücken zugekehrt... Später trafen sich unsere Wege immer wieder, an der Schnittstelle von Musik & Theater, sei es am Zürcher Jazzfestival oder beim Theaterspektakel...

Der charismatische RUEDI DE CRIGNIS (1948-06) kam 1974 in mein Blickfeld als Schüler der Kunstschule F & F, die meine Eltern mitbegründet hatten. Seine enorm spannenden Arbeiten der Body Art & Konzept Kunst faszinierten mich nachhaltig, auch die Zusammenarbeit mit meinem damaligen Schwager DANIEL JABLONSKY (seit 1981 als Psychologe in Kaiserslautern lebend). Zuerst an der Dienerstr. 33, ab Sommer 1976 an der Josefstr. 200 lebte und arbeitete Ruedi De Crignis in einem Künstler-Kollektiv, am längsten mit seinem damaligen Lebenspartner JUERG NUTZ (1989 veröffentlichte er seine gewitzte LP "Blueboy" auf dem BOY-Label, seit 1995 führt er den schönen STEINAUER-Laden an der Rämistr. 27 in Zürich für Kleider & Accesoirs). 1986 bekam Ruedi das Atelier der Stadt Zürich in New York, ein wichtiger Schritt weg aus der Schweiz, es begann langsam der Prozess hin zur Malerei, die Ruedi mit gewohnter ästhetischer Präzision ausführte, wie zuvor die Konzeptkunst. Am letzten Tag meiner ersten New York-Reise im April 2004 traf ich ihn mit meiner Lebensgefährtin Maria in seinem Atelier an der 39th Street - und wir waren von Ruedi beide schwer beeindruckt. Nach langen Jahren stillen Schaffens schien sich die Mühe langsam auszuzahlen, mit Ausstellungen vorab in Belgien und Deutschland. Ruedi zeigte uns einen Teil New York, deutete zu einer Wohnung hinauf wo MARCEL DUCHAMP einst gelebt hatte und erzählte uns von seiner späten Freundschaft mit JOHN CAGE & MERCE CUNNINGHAM... Rudolf De Crignis

Eine gute Zeit wünscht Euch bis zum nächsten mal: Veit F.Stauffer
Zürich, 6. Februar 2007