Scott Walker
Boy Child
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Miteinander verwandt: die Melancholie und der Tod
Eine Homage an SCOTT WALKER (1943-2019)
Im Frühling 1978 war ich hoffnungslos in eine gleichaltrige Kunststudentin aus Düsseldorf verliebt. Rund um diese Leidenschaft besänftigte mich im Schlafzimmer eine ganz bestimmte Platte: die Compilation "Make It Easy On Yourself" der WALKER BROTHERS (gefunden auf dem Gratis-Stapel, im BRO Records an der Badenerstr. 79). +++ Kurz zuvor kaufte ich auf dem Flohmarkt einen Plastikplattenspieler aus den 60er Jahren, die Nadel in desolatem Zustand, damit ich auch gleich nach dem Erwachen Musik hören konnte. Zuerst widerwillig, aber regelmässig hörte ich mir diesen köstlichen Oberschmalz an. Besonders angetan war ich von den kitschigen Balladen "In My Room", "Just For A Thrill" und "Genevieve". Das Uptempo-Lied "Dancing In The Streets" hörte ich fast zeitgleich auf einer RESIDENTS-Platte als böse, wohltuenden Parodie. (Völlig zu Unrecht, wie ich Snob später herausfand, stellte ich die Walker Brothers in eine Ecke mit Heino oder James Last.) +++ Erst im Frühling 1987, als eine wichtige Beziehung nach vier Jahren in die Brüche ging, entdeckte ich dank den auserwählten Coverversionen von MARC ALMOND die kultivierte Schönheit von SCOTT WALKER und JACQUES BREL. +++ Das Jahr 1978 hat mich auf beide Giganten vorbereitet: im April 78 den Wurzeln begegnet von Scott Walker mit seinen 1965-68 höchst erfolgreichen WALKER BROTHERS. +++ Und am Dienstag 10. Oktober 78, auf dem mit Herbstsonne verzauberten Marktplatz Oerlikon, las ich auf der Frontseite des Tages Anzeigers die Todesmeldung von Jacques Brel. +++ Hört nun ein Stück von SCOTT, 1967: seine grossartige Stimme und diese einzigartigen String-Arrangements...
Boy Child:
PS. Kleine Korrektur: das Residents-Stück, welches auch die Walker Brothers sangen, hiess "Land Of A Thousand Dances" (ursprünglich von CHRIS KENNER, 1929-76, popularisiert von Wilson Pickett)
Veit F. Stauffer, 25. März 2019