Glow (DVD)

Gabriel Baur

Glow (DVD)

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Zum Film "Glow" über Lady Shiva.

Euphorisch habe ich das Kino verlassen, ein sehr schöner Zürcher Film. Anfänglich skeptisch, wie man der Figur Lady Shiva gerecht werden könnte, hat mich der vielschichtige Dokumentarfilm "Glow" sichtbar überzeugt. Dank geschickter Konzentration auf wenige Schlüsselfiguren: berührend und souverän die Freundin Ursula Rodel (ex-Thema Selection), wie sie unnachgiebig ihre Beobachtungen und Anekdoten preisgibt. Immer noch derselbe bunte Hund: Theaterfreund Federico Pfaffen, auf Spurensuche im Theaterraum der Roten Fabrik. Sympathisch der Auftritt von Musiker Boris Blank, aus der Perspektive des Ateliers nebenan erzählt. Unsentimental und daher wohltuend: Isabella Glückler, eine damalige Freundin aus dem Milieu.

Der Skulpturenbauer Karl Löwenherz, vom Leben gezeichnet (nicht abwertend, sondern als Kompliment gedacht), der uns im Vorbeigehen mit einer kühnen Metapher die Wirkung von Heroin erklärt. Damals der Liebhaber von Irena Staub ("Lady Shiva"), die umgehend in die Band Dressed Up Animals aufgenommen wurde, zumindest im Proberaum. Der Film würde ohne diese zahlreichen Filmaufnahmen, aus einem Theaterraum der Roten Fabrik 1982, nicht im selben Masse funktionieren. Im seltsamen Kontrast: die fast esoterisch angehauchte Filmmusik, die aber trotzdem passend wirkt und dem Film Atem verleiht. Dazwischen immer wieder punkige / lärmige Kostproben der Dressed Up Animals mit Irena am Mikrofon. Das wilde Element der Generation "Geniale Dilletanten" bleibt uns damit erhalten. Christoph Kolumbus & Karl Löwenherz (zum Teil mit blutigem Oberkörper) wirken rückblickend ästhetisch erhaben, mit ähnlich elegantenen Frisuren wie Nick Cave und Rowland S.Howard von Birthday Party.

Die Regisseurin Gabriel Baur schafft mit diesem Werk, an dem jahrelang herumgefeilt wurde, was Farbabstimmung und Auswahl der Hauptpersonen betrifft, einen abendfüllenden Kinofilm, der auch Aussenstehende und Nichtinsider anzusprechen vermag. Einzig der unaufgeklärte Todesfall von Irena Staub in Tailand 1989 wird im Film nicht näher untersucht. Aber dies lässt sich in der empfehlenswerten Biografie von Willi Wottreng (2013) nachlesen. Übrigens war Mara Züst (Autorin der Biografie von 2015 über Doris Stauffer) bereits im Frühling 2011 aktiv mit einer Ausstellung und Publikation zu Lady Shiva in der Perla-Mode.

PS: Dressed Up Animals gehört, neben Troppo und Böse Bub Eugen, zu den CH-Bands der 80er Jahre, die schon längst eine 75 Min-CD-Anthologie verdient hätten: mit ihrem Werk von 1982-85, verteilt auf einem Album und zwei EPs. Für die LP in gutem Zustand bezahlt man 2017 den doppelten Preis von 1983. Im Duo aufgenommen, ist es ein spannender Mix aus Erfahrungen mit Theatermusik sowie Electronic Folk ähnlich Eyeless in Gaza, und klingt zuweilen wie Public Image Limited in einer Nussschale. Karl Löwenherz hat später immer wieder in Eigenregie Stücke aufgenommen oder neu arrangiert, mehrere Jahre wohnte er in Portugal, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Gitarrist R.P.S. Lanrue (Ton Steine Scherben), Sängerin Elfie Steitz (Carambolage) und Bassist Manfred Praeker (Stiff, Nina Hagen).

Veit F. Stauffer, im November 2017

Hinweis: die DVD erscheint im Juni 2020. Zur weiterführenden Klärung der Biografie, oder offenen Fragen nach dem Film, empfiehlt sich WILLI WOTTRENG mit dem Buch "Lady Shiva. Aufbruch in High Heels" (September 2013)

Pressetext vom Filmverleih: Mit GLOW gelingt Regisseurin Gabriel Baur («Venus Boyz») eine ergreifende Hommage an eine der grössten Schweizer Ikonen legendärer Zeiten, Lady Shiva alias Irene Staub. Mit teilweise unveröffentlichtem Archivmaterial und prominenten Weggefährten – Modepionierin Ursula Rodel, Tabea Blumenschein, Federico Emanuel Pfaffen, Boris Blank von Yello, Underground-Band Dressed Up Animals – entführt uns der Film in die pulsierende Epoche zwischen 1968 und den späten 80er Jahren, in der für Irene Staub nur der Himmel als Grenze zu existieren schien. GLOW handelt von der Odyssee einer Rebellin auf der Suche nach Freiheit und Identität, von bewegender Freundschaft und Liebe.


Trailer: